Donnerstag, 12. März 2009
(Alle 78 Fotos des Tages im
Fotoalbum
als "Collage")
Mein erster
Morgen in Tunesien überraschte mich mit strahlendem
Sonnenschein und
angenehm
milden Temperaturen. Genau das, was ich nach fast fünf
Monaten Winter dringend brauchte. Jetzt konnte ich mir
auch endlich anschauen, wo ich die nächsten Tage
verbringen sollte. Ich schnappte mir also die Kamera
und
ging nach draußen. Schon an der Hauswand neben dem
Eingang wurde ich fündig: eine Springspinne wurde mein
erstes Fotomotiv in Tunesien. Da mir mit dem neuen
Kameraequipment doch noch die Routine fehlte, wurde nur
dies eine von rund acht Fotos etwas... Leider konnte sie
bis heute nicht bestimmt, ja nicht einmal einer Gattung
zugeordnet werden.
Nach dem Rundgang durch den Garten, bei dem lediglich
noch eine Schmeißfliege als Motiv diente, und
des Hauses sowie einer anschließenden Einkaufsfahrt nach Monastir brachen Nina und ich dann zur ersten Tour auf. Ziel war ein
im Vorfeld recherchiertes Naturschutzgebiet bei El Alam
(etwa 20km nördlich von Kairouan).
Um 12:30 Uhr fuhren
wir los, die Temperatur war mittlerweile auf etwa 24°C
angestiegen - wobei es mir in der Sonne wie 30°C
vorkam.... Über M'Saken ging es westlich auf die Straße
P12 Richtung
Kairouan.
Etwa nach 25km Fahrt machten wir den
ersten
Stopp an einem Brachgelände rechts der Straße. Zu groß
war die Neugier auf die tunesische Flora und Fauna, als
dass wir einfach so daran bis El Alam vorbeibrausen
konnten. Vorherrschend waren die unübersehbaren, etwa
bis 1m hohen Büsche der Behaarten Spatzenzunge (Thymelaea
hirsuta). Am Rande wuchsen Agaven und dornige,
unbelaubte Sträucher, die ich (noch?) nicht benennen
kann. Der restliche Bewuchs war meist wesentlich
niedriger, kaum höher als 20cm - dafür aber
interessanter. Sofort ins Auge sprang einem das
leuchtende
blau der Blüten des Gauchheils Anagalis foemina. Daneben
wuchsen in lockeren Beständen das gelb blühende
Adonisröschen Adonis microcarpa sowie das rot blühende
Herbst-Adonisröschen (Adonis
annua). Neben diesen fast schon vertraut wirkenden
Arten fanden sich auch fremd anmutende Pflanzen wie der
Krummstab (Arisarum vulgare), ein Aronstabgewächs,
oder eine Silber-Mauermieren-Art (Paronychia spec.) mit ihren
an Papier oder Plastikfolie erinnernden Blütenblättern -
ein Nelkengewächs. Auch diverse Korbblütler waren zu
finden: z.B. Ringelblumen und Disteln. Doch eine genaue
Artbeschreibung aller fotografierten Arten gelang noch
nicht.
Natürlich
tummelten sich auch verschiedene Insekten auf dem Areal.
Doch gelangen mir nur ein paar Fotos eines kleinen
Bläulings (Pseudophilotes abencerragus), die wenigen
Bienen und Käfer waren einfach zu wuselig. Dies blieb
übrigens während des gesamten Tuneisenaufenthaltes ein
riesiges Problem. Mehr Glück hatte ich da mit
Insektenbehausungen. An den Dornen eines Strauches
fanden sich gleich verschiedene. Beide in ihrer
Konstruktion völlig andersartig und dennoch
kleine
Kunstwerke. Der amphorenartige
Kokon einer Gottesanbeterin mit rund 30mm
Durchmesser und die geschickt aus kleinen Holzstückchen
zusammen gesponnenen, etwa 25mm langen Türmchen von
Sackträgern, einer Nachtfalterfamilie. Die an einem
vereinzelten Rosmarinstrauch herumschwirrenden
Langhornbienen konnte ich bedauerlicher Weise nicht auf
ein Foto bannen - das gelang mir bislang ja auch in
Deutschland noch nicht wirklich. Dafür hielt eine auch
aus der Heimat bekannte
Gemeine Feldschwebfliege (Eupeodes corollae) lange
genug still.
Nach etwa einer Stunde
rissen wir uns von dort los - jedoch nur, um ein auf der
anderen
Straßenseite gelegenes, noch nicht bestelltes Feld in
Augenschein zu nehmen. Dort war das zarte weiß einer
kleinen
Reseden-Art vorherrschend. Dazwischen fanden sich
zahlreiche Farbtupfer gelb und blasslila blühender, noch
unbestimmter Kreuzblütler. Beim weiteren Umherstreifen
zog mich etwas leuchtend blaues magisch an. Es entpuppte
sich als kleine Gruppe Schwertlilien, die ich für
Vertreter der Gattung Moraea halte, möglicherweise
Moraea sisyrinchium (syn. Gynandriris sisyrinchium), die
Mittags-Schwertlilie. Ebenfalls in leuchtendem blau kam
vereinzelt ein kleines Leinkraut (Linaria spec.) daher. Das Rätsel um
diese Pflanze mit den charakteristisch sternförmig
ausgebreiteten Blättern löste sich erst nach weiterem
umherlaufen: es waren Schopfige Trauben-Hyazinthen
(Muscari comosum).
Ansonsten gab es zerstreute rote Farbtupfer von einer
mir unbekannten Mohn-Art.
Auch
hier gab es viele Bienen, insbesondere Honigbienen, die
sich aber ebenfalls nicht lange genug für ein Foto
hinsetzten. Dafür hielt eine große Heuschreckennymphe
ganz still. Eine Art aus der Familie der Pamphagidae -
Steinschrecken. Allein die Größe von etwa 25mm dieser
Nymphe lässt erahnen, wie groß diese Schrecken als Imago
werden können. Besonders faszinierend fand ich ihre
Bewegungen. Als ich sie entdeckte und ihr mit meinem
Kameraobjektiv auf die Pelle rückte, rannte oder hüpfte
sie nicht davon, sondern bewegte sich ganz langsam vor-
und zurückschaukelnd, original wie ein Chamäleon,
vorwärts Richtung eines Grasbüschels. So hatte ich
genügend Zeit für Fotos.
Anders sah es mit einer für mich sehr ungewöhnlichen
Ameisenart aus. Nina machte mich auf
ein
kleines Loch an einer Erdaufschüttung aufmerksam. Am
etwa 40mm durchmessenden Eingang wuselten dutzende etwas
lilafarbige, langbeinige Ameisen mit einer beachtlichen
Körpergröße von rund 6-7mm umher. Lediglich eines von
vielen geschossenen Fotos ist halbwegs brauchbar.
Nachdem wir auch dort etwa
eine Stunde verbrachten, fuhren wir um 15:20 Uhr endlich
weiter Richtung El Alam, dem eigentlichen Ziel der
heutigen Tour.
Eine
halbe Stunde später waren wir dort, etwa 6km vor El Alam
lag das
Naturschutzgebiet rechts und links neben uns - und es
war enttäuschend. Es war ein eher trostloser Anblick.
Zwar gab es Blütenpracht in leuchtendem Purpur und Gelb,
doch war es das dann auch. Es dominierten eine
Schmetterlings- und eine Kreuzblütlerart. Dazwischen
vereinzelt das Weiß einer an Margeriten erinnernde
Pflanze und ein mir völlig unbekanntes
Gewächs. Auf einer dieser margeritenenartigen
Blüten
fand ich eine kleine Fliege (4mm), die sich bei
genauerer Betrachtung als Angehörige der Bombyliidae -
Schweber entpuppte
- der vorgestreckte Saugrüssel war unverkennbar. Solch
einen kleinen Schweber und zudem mit
schwarz-gelb geringeltem Hinterleib sah ich noch nie
zuvor in meinem Leben. Er nennt sich Parageron gratus.
Insgesamt war es somit
auch nicht sonderlich tragisch, dass wir dort nicht
wirklich parken konnten. Nach einem nur sehr kurz
währendem Rundum-Blick fuhren wir weiter, durch El Alam
und Sbikha. In beiden Orten fühlte ich mich während der
Durchfahrt nicht sehr wohl. Es mag daran gelegen haben,
dass alles so fremd, dass so viele Menschen auf der
Straße umherliefen und wir oft nur im Schritttempo
vorwärts kamen, doch hatte ich das drängende Gefühl,
hier als
("europäischer") Tourist nicht Willkommen zu sein (ein
Gefühl, dass mich fast während jeder Tour der nächsten
Tage beschlich). Besonders in Sbikha hatte ich diesen
Eindruck - was fliegende Steine auch durchaus deutlich
machten... So war ich mehr als froh, als wir nach rechts auf
die P 3 in Richtung El Fahs einbogen. Linker Hand lag
der Dorsale, ein Teil des Tellatlas-Gebirges, das von
Algerien kommend bis hinauf nach Cap Bon ausläuft. Wir
machten keinen weiteren Stopp mehr und bogen bei Nadour
rechts auf die C 48 nach Kondar ein und gelangten über
Kalaa Kebira nach Sousse und schließlich um 19 Uhr nach
Sahline - da war es dann schon dunkel und mit der
untergegangenen Sonne verschwand auch die Wärme,
lediglich 12°C Grad empfingen uns beim Aussteigen aus
dem Auto.
Die Fahrt über bestaunte ich die wechselvollen
Landschaften und versuchte, sie bei voller Fahrt mit der
Kamera festzuhalten (das machte ich auch jeden folgenden
Tag). Grüne Felder wechselten sich mit kargen, braunen
Arealen und Olivenhainen ab und im Hintergrund war lange
jenes Gebirge zu sehen.
Nach einem sehr leckeren
Abendessen machten mich die vielen neuen Eindrücke doch
sehr erschöpft und ich ging früh zu Bett - auch etwas,
dass sich jeden folgenden Tag wiederholte.
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