Mittwoch, 18. März
2009
(Alle 116 Fotos des Tages im
Foto-Album
als "Collage")
Wieder
einmal ein sonniger, warmer Morgen. Zunächst gab es den
üblichen Morgenkaffee auf den Stufen vor dem Hauseingang
in der wärmenden Sonne und den schon obligatorischen
Rundgang durch den Garten. Dort patrouillierte auch
wieder das Männchen der Samtkopf-Grasmücke durch sein
Revier. Ich hatte diesen kleinen hübschen Kerl mit
seinem melodischen Gesang irgendwie lieb gewonnen...
Heute stand eine Fahrt
Richtung Norden an. Ziel war die etwa 70 km lange und bis zu 40 km breite Halbinsel
Cap Bon im äußersten Nordosten Tunesiens. Gegen viertel
nach acht brachen wir schließlich auf. Zunächst in
Msaken auf die Autobahn A1 Richtung Tunis bis zur
Ausfahrt Grombalia (etwa 115km) - quasi am landesinneren
Rand von Cap Bon. Von dort ging es über die C 41 nach
Soliman und dann auf der C 26 nahe der Nordküste in
Richtung Korbous. Das Cap Bon auch "Garten Tunesiens"
genannt wird, konnte ich schon nach wenigen Kilometern
verstehen. Alles ist grün und erinnert teilweise eher an
Südfrankreich als an Nordafrika...
Etwa
8km hinter Soliman machten wir einen ersten kurzen Stopp
vor einem einsamen kleinen Gehöft. Die Vegetation dort
sah viel versprechend aus. Es gab dort, wie fast überall
im nördlicheren Teil Tunesiens, größere Bestände von
Asphodelus aestivus, dem Kleinfrüchtigen Affodill,
einer mir Sauerklee-Art (Oxalis
pes-caprae?), vereinzelte
Euphorbien die mich an die heimische
Sonnenwend-Wolfsmilch Euphorbia helioscopa erinnerten
(ist es vielleicht Euphorbia serrata?),
sowie
Kreuzblütengewächse die ich noch nicht bestimmen
konnte. Eine hübsche, niedrig wachsende und rosa
blühende Pflanze (Foto rechts), die mir im nördlichen
Tunesien noch häufiger begegnete, konnte ich erst im
November 2009 Dank der Hilfe von Thomas Götz bestimmen.
Es handelt sich um Fedia cornucopiae - ein
Baldriangewächs (Valerianaceae).
Es gab
dort auch spannende Insekten. Zum Beispiel den Provemce-Feuerfalter
Tomares ballus und die Schwebfliege
Platynochaetus setosus. Leider gelangen mir keine
Fotos der dort emsig herumfliegenden Bienen...
Dann
ging es weiter auf der C 26 Richtung Korbous, unterwegs
noch ein kurzer Halt um das imposante Gemeine Rutenkraut
(Ferula communis) zu fotografieren, dass recht intensiv
nach Sellerie duftet. Diese auch Riesen-Fenchel genannte
Art wuchs am Straßenrand und erreichte Höhen bis 2,50m.
Laut Literatur kann es aber auch durchaus fünf Meter
hoch werden. Schließlich erreichten wir dann das
"Gebirge" des
Djebel Bou Kourbous (419m). Da wir Korbous
von Nordosten aus ansteuern wollten, fuhren
wir fast komplett daran vorbei und bogen dann nach links
ab, mitten hinein in die Berge. Schon nach wenigen
hundert Metern hatten wir dann wunderschöne Ausblicke
hinab auf die Nordküste. Dieser Teil wird von manchen
als Côte du Soleil bezeichnet. Dorthinab führt die
Straße und schlängelt sich dann direkt an der felsigen
Küste bis Korbous. Korbous ist das sicherlich
bedeutendste Thermalbad Tunesiens. Bei ausländischen Touristen ist es
wohl recht unbekannt, die bleiben in Hammamet oder
Nabeul, doch für Tunesier
ein sehr beliebtes Ziel - was auch der Trubel auf den
Straßen bezeugte. Auf einer Felskuppe über der Stadt
thront die Villa des ehemaligen tunesischen Präsidenten
Bourghuiba, der offenbar häufiger das schwefelhaltige
Wasser der heißen Quellen genoss.
Unsere Entscheidung,
Korbous von Osten her anzufahren, war, wie wir in
Korbous feststellten, goldrichtig. Die Straße, die von
Westen her kommt, war wegen eines gewaltigen Felssturzes
unpassierbar. Wie in Tunesien fast üblich, war auf dem
Wegweiser, bzw. an der Abzweigung an der C 26 nichts
davon zu lesen... Wir fuhren dann also wieder
auf dem gleichen Weg zurück und hinauf zur C 26, bogen
links Richtung Nordosten auf sie ein und machten uns auf
die Suche nach einem Weg zum Port au Prince. Die schmale
Straße führt durch malerische Landschaften und passiert
ein paar alte Landgüter. Unterwegs stießen wir ganz
überraschend auf einen Trupp Helmperlhühner (Numida
meleagris), die eilig die Straße überquerten und
schließlich in einem Getreidefeld verschwanden.
Nina schwärmte mir von
dieser malerischen Bucht Port au Prince schon lange vor
- sie war in der Vergangenheit schon mehrmals dort. Sie
ist in wohl keinem Reiseführer zu finden und auch nicht
ausgeschildert - auch in unseren beiden Landkarten war
dieser Ort nicht zu finden.
Ninas
hervorragendes Gedächtnis führte uns aber direkt ans
Ziel - Bravo! Als erstes sticht einem schon von weitem
eine alte Festungsanlage ins Auge. Leider konnte ich
bislang über sie noch nichts in Erfahrung bringen. Wir
bogen von der asphaltierten Straße nach links auf eine
unbefestigte Piste ab und mussten diese wegen unzähliger
Schlaglöcher im Schritttempo bewältigen.
Etwa einen Kilometer
vor Erreichen der Küste machten wir noch eine kurze
Pinkelpause in einer dicht mit kleinen Büschen und
Bäumen bewachsenen Gegend. Dort wuchsen unter anderem
zahlreiche noch nicht näher bestimmte Kugelblumen / Globularia
spec. und vereinzelt sah man auch schon die weißen
Blüten der Salbeiblättrigen Zistrose (Cistus
salviifolius). Dann ging es weiter. Nina hatte mit
ihrer Schwärmerei über diesen Ort in keiner Weise
übertrieben! Es ist wirklich ein traumhafter Flecken
Erde, den wir da um viertel vor eins erreichten!
Port au Prince (1,28Min.) im
wmv-Format
- 22,4MB (zu öffnen mit z.B. Windows Media Player
oder Winamp), da ist das Bild größer, oder in einer
kleineren
FLV-Version
- 5,5MB (zu öffnen mit Flash Player).
Außer ein paar kleinen
weißen Häusern von Fischern und einem Steg gibt es
nichts außer
herrlichem Strand und die Weite des Meeres. Wenn man
nach rechts schaut, kann man fast die gesamte Nordküste
Cap Bons überblicken. Wir hielten uns etwa eine halbe
Stunde dort auf und genossen das stete Rauschen der
Wellen und den herrlichen Ausblick. Port au Prince ist
wahrlich ein Geheimtipp! Es fiel nicht leicht, diesen
Ort zu verlassen, doch hatten wir noch andere Ziele an
diesem Tag und der Weg war
noch
weit. Also fuhren wir die Schlaglochpiste zurück zur C
26 und fuhren
Richtung Tazoghrane. Dort ging es auf die
C 45, die quer von Nordwesten nach Südosten durch die
Halbinsel verläuft und nach rund
20km in Menzel Temime an der Südküste endet. Und wieder
konnte ich das so verblüffend grüne Nordtunesien
bestaunen. In Menzel Temime bogen wir rechts auf die C
43 Richtung Menzel Bouzelfa ab. Egal, ob man nach links
oder rechts aus dem Autofenster schaute, es gab auf der
ganzen Strecke nur herrliche Landschaften.
Unser nächstes Ziel war
ein waldreicher Hang etwa etwa 12km vor Menzel Bouzelfa.
Er
gehört
zu den Ausläufern des Sidi Abd Er Rhamane. Meine
Recherchen vor Reisebeginn ergaben, dass diese Gegend
einen eher kalkreichen Boden besitzt - also ein
möglicher Orchideenstandort sein könnte. Wir parkten am
Straßenrand und erkundeten zunächst die Gegend
hangabwärts auf der anderen Straßenseite. Schon nach
wenigen Schritten entdeckte ich die
ersten kleinen Blattrosetten von Orchideen - offenbar
alles Ophrys-Arten. Ich dachte schon, wir seien doch zu
früh im Jahr im Land, um blühende Orchideen zu sehen, da
fiel mein Blick auf eine kleine, zartrosa Blüte zwischen
niedrigen Büschen. Der Jubel war groß als ich erkannte,
was da blühte: eine Wespen-Ragwurz (Ophrys
tenthredinifera)! Ich rief nur laut "Orchidee", um
Nina, die einige Meter weiter auf "Orchideenpirsch" war,
auf den Fund aufmerksam zu machen, und kniete mich voll
Freude vor die kleine Schönheit um sie zu Bestaunen und
zu Fotografieren. Nina war dann ebenfalls schnell zur
Stelle und freute sich sicherlich nicht weniger. Als wir
uns dann endlich losreißen konnten, intensivierten wir
unsere Suche noch. Doch wir fanden nur noch weitere
blütenlose Blattrosetten. Wenn ich das richtig gesehen
und
gedeutet habe, sollten sie von mindestens zwei weiteren
Ophrys-Arten stammen. Doch, so ohne Blüte ist das schwer
zu sagen. Also verlagerten wir die Suche hangaufwärts.
Um schnell einen Überblick zu bekommen, trennten wir uns
- Nina hielt sich links, ich rechts. Zwischen Kiefern,
Schopf-Lavendel und Rosmarin bahnten wir unsere Wege und
beinahe zeitgleich
entdeckten wir weitere Orchideen. Während Nina sich
etliche Meter weiter links um ihren Fund kümmerte,
widmete ich mich zunächst meinem. Es waren drei
Exemplare des Langspornigen Knabenkrautes
Orchis longicornu. Es stellte sich dann heraus, dass
Nina die gleiche Art gefunden hatte. Insgesamt fanden
wir schließlich rund ein Dutzend Exemplare. Als sich
dann selbst nach akribischer Suche keine weiteren
Orchideen mehr finden ließen, gingen wir zurück zum Auto
und setzten unsere Fahrt fort. Mittlerweile war es kurz
nach vier und der Weg nach Hause noch lang.
Über
Menzel Bouzelfa nach Grombalia ging es wieder auf die
Autobahn. Dort konnten wir mal wieder die "Tunesische
Ladungskunst" bestaunen:
einen mit Fenchel beladenen Kleinlaster... Wir verließen
an der Ausfahrt M'Saken/Knaiess die A1 und ich musste
noch schnell ein Foto eines Baumes machen, auf den die
Straße direkt zu läuft. Man könnte eine zeitlang
wirklich meinen, der Baum wüchse mitten auf der
Fahrbahn, was in Tunesien durchaus im Bereich des
Möglichen wäre... Etwa um halbsieben waren wir dann
zurück in unserem Domizil.
Anzumerken hätte ich
abschließend nur meinen völlig subjektiven Eindruck von
den Menschen in der Gegend von Cap Bon. Wir begegneten
ja auch dort, wie bei all unseren Touren, Einheimischen.
Doch während ich in den Gebieten zwischen den
südlichsten von uns besuchten Regionen (etwa Madhia) bis
etwa einer Linie El Fahs - Bou Ficha fast immer eine Art
"feindselige" (ist etwas hart ausgedrückt, aber etwas in
dieser Richtung) Grundstimmung verspürte und man auch eher
mal mehr oder weniger aufdringlich "belästigt" wurde,
empfand ich die Menschen im Norden durchweg freundlich
und die ganze Atmosphäre entspannter. Wie gesagt, das
war nur mein Empfinden und ist sicherlich nicht
repräsentativ.
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