Freitag, 20. März
2009
(Alle
132 Fotos des Tages im
Fotoalbum
als "Collage")
Heute wollte mir Nina eine
der kargeren tunesischen Landschaften zeigen - die
Gegend bei
der
Barrage Sidi Saad (ein großer Stausee). So brachen wir
dann gegen 10 Uhr auf und fuhren über M'Saken zur P 12
nach Kairouan. Dabei kamen wir
wieder an dem schon am ersten Tag besuchten Brachgelände
vorbei und beschlossen nachzuschauen, ob es denn dort
nicht was Neues zu sehen gab. Und ja, es gab etwas:
Insekten. Beispielsweise einen sehr hübschen, etwa 10mm
großen Blattkäfer (Chrysolina bicolor). Außerdem fand sich
dort die erste blühende Zistrose, bei der es sich wohl
um Cistus albidus, die "Weißliche Zistrose" handelte.
Bei Kairouan bogen wir
dann links auf die P 2 Richtung Süden ab, fuhren am
Museum Rakada vorbei und verpassten (weil nicht
ausgeschildert) die Abzweigung nach Nasr Allah. Machte
nichts, einige Kilometer weiter erreichten wir Bou Hajla,
von dort ging es über die
C
98 direkt nach Nasr Allah.
Dieser Umweg entpuppte sich
als wahrer Glücksfall, denn sonst hätten wir die
atemberaubende, karge
Landschaft der Hügelkette J. Cherahil nicht bewundern
können, da die ursprünglich geplante Route nicht durch
sie hindurch führte. Wir machten an einem besonders
schönen Hügel halt und marschierten los.
Video von dort (640x480 Pixel - 2,02Min.):
wmv (31,1MB) oder
flv (7,5MB)
Was es hier alles zu
bestaunen gab! Unzählige kleine Thymianbüsche, die alles
in einen würzigen Duft tauchten,
dornige,
halbhohe Büsche eines unbekannten
Schmetterlingsblütlers, blaue Tupfer aus unbekannten
Kugelblumen- und
Lavendelarten, leuchtend purpurfarbene Anthyllis
spec. und vereinzelte Kleckse Gelb von
Blüten einer Fumana-Art (Fumana
thymifolia - Thymianblättriges Nadelröschen?) sowie
lilablaue einer Scilla-Art (Scilla peruviana /
Peruanischer Blaustern? Dieser soll jedoch an eher
feuchten Standorten vorkommen und hier war es ja
knochentrocken) und auch Weiß fehlte nicht, dafür
sorgten die großen Trichterblüten einer flach
wachsenden, mir
unbekannten
Windenart. Und all das im starken Kontrast zum
hellgraubraunen Boden. Ich konnte mich kaum satt sehen
an dieser gelungenen Komposition. Zwischen all den
Pflanzen wuselten einige
große Schwarzkäfer umher, es handelte sich um zwei
Arten:
Adesmia dilatata und
Pimelia spec.. Auch einen interessanten Schweber der
Gattung
Dischistus konnte ich fotografieren. Ninas waches
Auge entdeckte dann auch noch einen kleinen Sandläufer,
eine Echse (Psammodromus blanci).
Nach
etwa einer dreiviertel Stunde mussten wir uns schweren
Herzens von dieser herrlichen "Fundgrube" trennen. Es
war schon 13:15 Uhr und wir hatten das eigentliche Ziel
noch nicht erreicht. Über eine schmale, aber
asphaltierte Nebenstraße gelangten wir nach Sidi Saad,
dem winzigen, verschlafenem Ort, der dem Stausee seinen
Namen gab, durchquerten ihn und nach wenigen
hundert Metern verwandelte sich die Straße in eine
holprige Erdpiste. Nina manövrierte uns zielsicher um
all die riesigen Schlaglöcher herum, doch irgendwann
waren die Löcher einfach zu groß für unseren Leihwagen,
einen Renault Clio. So stellten wir in kurzer Hand neben
der Piste ab und machten uns zu Fuß auf den Weg zum Ufer
der Barrage Sidi Saad - durch
eine
ebenfalls mehr als sehenswerte Landschaft. Die
Vegetation war eher spärlich und von dürren Sträuchern
dominiert, kein Vergleich mit den farbig betupften
Hügeln zuvor. Vereinzelt trafen wir auch hier den
vermeintlichen
Peruanischen Blaustern an, sowie
rosablühende,
kleine
Zistrosen und einen einzelnen, winzigen, blühenden
Mohn. An manchen Stellen überraschten uns große
Ansammlungen eiligst herumkrabbelnder und -fliegender
brauner
Scarabaeidaen, die partout nicht für ein paar gute
Fotos inne halten wollten. Bis heute frage ich mich, von
was (welchen Pflanzen) sie und ihre Larven sich wohl
ernähren, denn ihre Anzahl stand in keinem Vergleich zur
dortigen Vegetation.
Video von unterwegs: (44sec.):
wmv (11,3MB) oder
flv (2,9MB)
Nach
etwa fünfzig Minuten gemütlichen Wanderns durch eine vor
allem durch absolute Stille geprägten Landschaft
erreichten wir schließlich das Ufer des Stausees, der
Barrage Sidi Saad. Auch hier fiel mir wieder auf, wie
knapp das Wasser in Tunesien zu werden scheint. Wie auch
Tage zuvor die
Sebkhet de Sidi El Hani und viele andere "Seen" und
Wasserläufe, war auch hier ein extrem niedriger
Wasserstand zu beobachten, der Stausee also um ein
Vielfaches
kleiner
als in unseren Karten. Wir hielten uns etwa eine halbe
Stunde im Uferbereich auf und suchten nach Pflanzen und
Insekten. Viel gab es nicht zu finden, einzig eine Frühe
Heidelibelle (Sympetrum
fonscolombii) erregte unsere Gemüter. Diese
mediterrane Art ist mittlerweile auch manchmal aber nur
vereinzelt im Süden Deutschlands anzutreffen.
Wir
gingen dann nicht den exakt gleichen Weg zurück zum
Auto, deshalb fanden wir auch noch eine interessante
Pflanze: den Blaugrünen Tabak (Nicotiana glauca). Diese,
für die Tabakindustrie völlig uninteressante Art
(enthält kaum Nikotin), stammt ursprünglich aus
Südamerika, ist aber seit Jahrzehnten in weiten Teilen
des Mittelmeerraumes fester Bestandteil der Flora.
Dann fuhren wir weiter,
wir wollten noch zur Staumauer dieser Barrage, die etwa
10km
weiter
nördlich liegt. Unterwegs machten wir noch einen
kurzen Stopp am Straßenrand, da es dort so schön bunt
blühte. Dort flog eine bunte, noch unbestimmte Bienenart
in rasantem Tempo von einer Natternkopfblüte (Echium
spec.) zur nächsten und frustrierte uns regelrecht -
denn weder Nina noch mir gelang ein scharfes Foto dieses
hübschen Insekts.
Wir
erreichten unser neues Ziel dann nach etwa zwanzig
Minuten Fahrt. Wir parkten einige hundert Meter von der
Staumauer entfernt am Fuße eines riesigen Deiches, den
wir dann erklommen. Von dessen Krone aus war der extrem
niedrige Wasserstand noch weitaus deutlicher zu
erkennen. Video von dort:
(1,15Min.:
wmv (19,1MB) oder
flv (4,7MB).
Um kurz nach vier
traten wir dann die Rückfahrt über
El Haouareb, Kairouan und M'Saken an. Dort erwartete uns wieder ein
köstliches Essen.
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