Samstag, 21. März
2009
(Alle 9 Fotos des Tages im
Fotoalbum
als "Collage")
Heute wollten wir
eigentlich zum tunesischen Nationalpark Lac Ichkeul bei
Bizerte im Norden fahren. Doch es kam alles anders...
Wir standen früh auf,
da der geplante Weg nach Norden über 200km betrug. Doch
als wir unseren Wagen starten wollten, tat sich nichts.
Der Clio gab keinen Muckser von sich - die Batterie war
vollkommen leer. Ursache war ein am Abend zuvor
vergessenes Parklicht, das Nina versehentlich angelassen
hatte. Wobei dies natürlich einer an sich intakten
Batterie nichts ausgemacht hätte. Die unseres Leihwagens
muss also schon sehr, sehr alt gewesen sein. Lustig war,
dass sich der Clio ohne seine Stromversorgung überhaupt
nicht öffnen ließ. Keine Tür und auch nicht der
Kofferraum ließen sich öffnen. Es gab an dem Auto kein
Schloss, alles ging nur über die jetzt völlig nutzlose
Fernbedienung - Technik, die begeistert! Sonst hätten
wir nämlich versucht, ihn anzuschieben.
Also setzten wir uns
mit der Autovermietung am Flughafen Monastir in
Verbindung. Die versprachen, einen Techniker zu
schicken. Wir stellten uns auf eine lange Wartezeit ein
- immerhin waren wir in Tunesien, und dort dauert
manches nun mal einfach länger als in Deutschland. Zudem
ist Zeit dort oftmals ein sehr relativer Begriff. Das
bemerkte ich zum Beispiel schnell an den Öffnungszeiten
des kleinen Ladens, in dem ich meine Zigaretten kaufte.
Die standen wohlweislich nirgends dran, da der Laden
jeden Tag zu anderen Zeiten die Türen öffnete und nur
die Einheimischen wussten, wann das in etwa ist.
(Für die Raucher
unter den Lesern: Marke Legere, guter Geschmack,
vergleichbar mit den bekannten westlichen Marken. Die
tunesischen Zigaretten sollten sie dagegen meiden, da
könnten sie genauso gut irgendwelche Blätter von Bäumen
zu einer Zigarette rollen und rauchen...)
Doch welch positive
Überraschung! Der Techniker war schon nach einer halben
Stunde mit einem Begleiter in einem Ersatzauto zur
Stelle. Doch war es nun schon zu spät für die Tour zum
Lac Ischkeul. Nina schlug dann vor, zum Sebkhet Kelbia
zu fahren, welches als Naturschutzgebiet ausgewiesen
war. Ein laut Karte recht großer See (wenn auch nur
vielleicht ein Drittel so groß wie das sehenswerte
Sebkhet de Sidi El Hani wo wir vor ein paar Tagen
waren). Nun, wir machten uns auf die Suche nach einem
Weg dorthin. Nach unseren Karten hätte es ein
Kinderspiel sein müssen, ihn zu finden. Darin reicht er
unter anderem bis nahe an die P 2, einer
Hauptverbindungsstraße von Kairouan nach Enfida und
hätte von dort nicht zu übersehen sein dürfen. Wir
versuchten unser Glück von Kalaa Kebira aus, denn an die
C 48 von dort nach Kondar hätte er auch angrenzen
sollen. Doch wie angestrengt wir auch nach links aus dem
Autofenster in die Richtung blickten, in der eine große
Wasserfläche hätte glitzern sollen: wir sahen nichts als
grüne Büsche die scheinbar kilometerweit die Ebene
bedeckten. Als wir dann Kondar erreichten, ohne auch nur
eine Pfütze zu sehen, bogen wir links auf die besagte P
2 ein - doch auch von dort war er nicht zu sehen. Doch
immerhin gab es hier ein paar kleine Sumpfgebiete am
Straßenrand - also war es zumindest feucht... Wir
drehten wieder um, und fuhren erneut auf die C 48. Wir
hofften, aus dieser Richtung kommend vielleicht einen
befahrbaren Weg in die Ebene hinein zu finden. Und
tatsächlich, Ninas Adleraugen entdeckten ein winziges,
verbeultes Schild auf dem auf das gesuchte
Naturschutzgebiet hingewiesen wurde. Doch die Piste, die
demnach dorthin führen soll, war eine sehr
abenteuerliche und bucklige Erdpiste. Da derartige
"Straßen" aber in Tunesien eh schon fast wie täglich
Brot waren und Nina eine hervorragende und
unerschrockene Fahrerin ist, die mit ihren Fahrkünsten
auf diesen Loch an Loch und Buckel an Buckel Pisten
bewies, dass sie sicher auch die Rallye Paris-Dakar
fahren könnte, konnte und das nicht abschrecken. So
holperten wir durch die dicht mit Büschen bewachsene
Gegend und ich fragte mich schnell, wo ist denn der
See...? Schließlich gelangten wir auf eine Art große,
buschfreie Wiese und steuerten auf eine übermannshohe,
extrem dichte Hecke aus Opuntien. Dort parkten wir, denn
es gab mit dem
Auto
kein Durchkommen. Zu Fuß fand sich eine Möglichkeit,
doch dahinter gab es noch immer keinen See. Dafür aber
Müll ohne Ende zwischen sparrigen Sträuchern. Das wir in
einem Naturschutzgebiet waren verhieß nur ein weiteres
Metallschildchen. Mein erster Gedanke war: "...da ähneln
unsere heimischen Mülldeponien noch eher einem NSG als
das hier...". Es hätte mich aber nicht wirklich
überraschen dürfen. Müll gibt es in Tunesien überall
mehr als
reichlich - auch in den abgelegensten Gebieten. Wir
bahnten uns schließlich einen Weg durch die sperrigen
Büsche und erreichten das, was von dem See noch übrig
war: kilometerweiter, ausgetrockneter,
rissiger
Boden. Der See war weg. Ein erneutes Indiz für die
Wasserknappheit im Land - um die sich hier aber keiner
schert - noch fließt es ja aus der Leitung.
Enttäuscht gingen wir
zurück zum Wagen. Bevor wir nach Hause fahren wollten,
fuhren wir noch einmal zu dem ebenfalls als
Naturschutzgebiet ausgewiesenem Gebiet bei El Alam, bei
dem wir an unsrem ersten Tag schon einmal waren. Doch
auch dort gab es nichts wirklich spannendes zu sehen -
zudem war diese Gegend auch nicht die freundlichste,
nicht weit von hier, bei Sbikha, flogen uns ja Steine
hinterher. Während wir gerade grübelten, wohin wir noch
fahren könnten, rief die Frau von der Autovermietung an:
wir könnten unseren "alten" Wagen wieder haben. Und ob
wir wollten. Der Ersatzwagen in dem wir momentan saßen,
ein Citroen Evasion, war zwar neuer als Clio, aber
längst nicht so "geländegängig". Somit mussten wir
zunächst nicht über ein neues Tourenziel nachdenken, da
wir erst einmal den Wagen am Flughafen umtauschen
wollten.
Straßenszenen bei Kondar |
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Kondar |
Kondar |
So etwa um 14 Uhr
hatten wir unseren Wagen wieder und Nina wollte mir nun
unbedingt ein Museum in Sousse zeigen, bzw. die
imposante Kuppel dieses Gebäudes das "as-Sufra" genannt
wird. Es liegt mitten in der Medina (Altstadt) von
Sousse. Ich hatte da eigentlich überhaupt keine Lust
zu..., doch Nina ließ sich nicht davon abbringen. Also
fuhren wir hin. Unser Auto parkten wir in der Nähe der
Altstadt und dann ging es los, hinein ins Getümmel (das
zu dieser Jahreszeit noch vergleichsweise gering ist).
Um hier sein Ziel zu erreichen, muss man stur seinen Weg
verfolgen, alles, was man bei sich hat gut festhalten,
seine Geldbörse sicher und dicht am Körper aufbewahren
und darf nicht stehen bleiben. Hier sind eine Menge
Taschendiebe und andere Gauner unterwegs - wundern sie
sich also nicht, wenn wie beiläufig die ein oder andere
Hand ihren Hintern streift, die ist auf der Suche nach
ihrer Brieftasche... Blick starr voraus und schnellen
Schrittes bahnten wir uns unseren Weg durch immer neue
Gruppen junger tunesischer Männer, die sich vor allem
mir permanent in den Weg stellten und seltsame Fragen
mal in gebrochenem Deutsch, mal Englisch oder auf
Französisch an mich richteten. Hier hilft nur
energisches Voranschreiten und ausweichen oder notfalls
umrennen. Wer hier stehen bleibt hat verloren. Ich sah
einige Touristen, die nicht einmal dazu kamen, ein paar
Erinnerungsfotos von der wirklich sehenswerten Altstadt
zu machen, weil sie sich mit Händen und Füßen gegen
diese aufdringliche Meute wehren mussten. Besonders
junge Frauen hatten hier nichts zu lachen. Ich konnte am
Rande eine Szene beobachten, wie eine etwa 20jährige
westliche Touristin, die ebenfalls nur ein paar Fotos
machen wollte, gleich von zwei jugendlichen Tunesiern
regelrecht betatscht wurde und sie schließlich keinen
anderen Ausweg mehr sah, als zu rennen...
Schließlich erreichten
wir das Museum - und es war heute wegen Feiertages
geschlossen... Also wieder zurück durch den
"Hindernisparcours" zum Auto und dann nach Hause. Dort
kamen wir etwa um viertel nach drei an und ich war so
erschöpft, dass ich umgehend ins Bett ging und bis
halbsechs schlief. Diese 800m hin und 800m zurück in der
Medina von Sousse haben mich mehr geschafft als jede
längere Wanderung der letzten Tage...
Übrigens war heute der
erste Tag seit wir hier waren, an dem es nicht über 25°C
hatte. Zumindest kam es einem wegen eines eisigen und
stürmischen Windes nicht so vor.
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