Montag, 23. März
2009
(Alle 73 Fotos des Tages im
Fotoalbum
als "Collage")
Heute wollten wir noch
einmal zu dem Hügel bei Menzel Bouzelfa fahren, auf dem
wir am siebten Tag unserer Reise die Orchideen fanden.
Wir hatten die wage Hoffnung, das heute, fünf Tage
später vielleicht noch mehr Orchideen zu finden sein
könnten. Immerhin schien es so, als sei die Natur binnen
dieser fünf Tage bereits um einiges weiter aus dem
Winterschlaf erwacht.
Doch
bevor es los ging, machte ich am Morgen noch die
obligatorische Runde ums Haus und durch den Garten. Viel
gab es um acht Uhr morgens nicht zu sehen, da war es den
meisten Insekten wohl doch noch zu kalt. Doch immerhin
fand ich eine winzige Schmetterlingsmücke (Psychoda
spec.), einen Tausendfüßer (Brachyiulus lusitanus oder
B. pusillus) und eine kleine Schlupfwespe (Ichneumonidae
spec.). Auf der Stromleitung am Dach des Hauses gab
zudem wieder das Girlitz-Männchen seinen Reviergesang
zum Besten. Nachdem ich auch ihn noch mehr schlecht als
recht von unten fotografiert hatte, ging es dann auch
schon bald los.
Zum
wiederholten Male ging es auf die A 1 gen Norden, die
Mautgebühren hatten wir mittlerweile im Kopf und konnten
jeder Kontrollstelle passend bezahlen. Bei der Ausfahrt
Grombalia ging es runter von der Autobahn und dann
wollten wir den kürzesten Weg zu dem Hügel nehmen - den
fanden wir aber nicht. In Beni Khalled, von wo aus es
hätte nach Menzel Bouzelfa hätte gehen sollen, fanden
wir partout keinen Wegweiser und landeten schließlich
auf der C 44 nach Korba. Machte nichts, so konnten wir
erneut die schöne Landschaft Cap Bons genießen. Dass uns
dieser Umweg allerdings eine Strecke von etwa 70km
einbrachte, hatten wir nicht erwartet. Das lag
allerdings vor Allem daran, dass unser Kartenmaterial
unzureichend
und die Beschilderung katastrophal war. So führte unser
Weg von Korba aus an der Südküste Cap Bons bis kurz vor
Menzel Temime, dort fand sich ein Abzweig nach links zu
einem Ort namens El Mida. Den nahmen wir ganz mutig in
der Hoffnung, so etwas Abkürzen zu können - denn unserer
Karte nach hätten wir erst 10km weiter in M. Temime
abbiegen können. Das Glück war uns aber hold und diese
Straße brachte uns tatsächlich zur C 43, die direkt zu
unserem Ziel vor Menzel Bouzelfa führte und eine halbe
Stunde später waren wir dort.
Den
Wagen parkten wir an gleicher Stelle wie Tage zuvor und
gingen auch zunächst wieder auf der anderen Straßenseite
den Hang ein Stück hinab. Doch außer der schon bekannten
Wespen-Ragwurz war nichts zu finden. Ich war schon etwas
enttäuscht. Was völlig unbegründet war,
denn auf dem
oberen Hang sah die Situation kurz darauf ganz anders
aus. Hier blühte einiges mehr als die Tage zuvor.
Zunächst vielen uns die vereinzelten gelben Blüten von
Korbblütlern, von Hahnenfußgewächsen und Kreuzblütlern
auf (allesamt bis heute unbestimmt). Etwas weiter oben
am Hang, wo es lichter wurde im Wald, sah ich
dann etwas, dass mein Herz gleich schneller schlagen
ließ. Zwischen den zumeist verblühten Büschen der
Baumheide sah ich eine einzelne große, braune Blüte
- eine Schachblume
Fritillaria oranensis. Umgehend
avancierte sie zu unserem Topmodel und zunächst lag ich,
dann Nina ihr zu Füßen und fotografierten, was der
Speicherchip hergab...
Die
weitere Suche war nicht weniger erfolgreich. Zwar fanden
wir die vor knapp einer Woche
gefundenen
Exemplare des Langspornigen Knabenkrauts (Orchis
longicornu) nur noch völlig abgeblüht vor, doch
hatte dort nun die Blütezeit einer neuen Orchidee gerade
begonnen. Denn nun leuchteten uns die vergleichsweise
großen Blüten von
Orchis papilionacea ssp. grandiflora, dem
Großblütigen Schmetterlings-Knabenkraut entgegen. Etwa
eine Woche später muss es hier
traumhaft ausgesehen haben, denn die sonnige Lichtung,
auf der wir nur wenige schon aufgeblühte Exemplare
sahen, war dicht mit unzähligen noch "schlafenden"
Blattrosetten aber auch knospenden Pflanzen dieser Art
übersät. Farblich passend zu den Orchideen wuchsen dort
auch einige Schwarzwurzeln, bei denen es sich wohl um
Scorzonera undulata, die Gewelltblättrige Schwarzwurzel
handeln könnte. Wir trennten uns dann, um auf diese
Weise schneller das Gebiet ansuchen zu können. Als dann
einige Minuten später am Boden kniete, um mir einen der
gelben Korbblüter etwas genauer anzuschauen, erschallte
keinen halben Meter hinter mir ein lautes "Bonjour"! Ich
bin fast zu Tode erschrocken... Hinter mir stand, wie
aus dem Nichts aufgetaucht ein Tunesier und starrte mich
mit großer Verwunderung an - ein mir mittlerweile
vertrauter Blick, denn Verwunderung lösten wir offenbar
überall aus, wo wir bislang gesenkten Hauptes (da wir ja
ständig den Boden nach Pflanzen und Insekten absuchten)
durch die Natur schritten. Da ich kein französisch kann,
konnte ich seine Neugier leider nicht befriedigen. Zum
Glück kam Nina hinzu und ihm unser Tun halbwegs
erklären. Verstanden hat er es aber sicherlich dennoch
nicht..., doch er trottete dann auch wieder davon, wenn
auch etwas kopfschüttelnd... Insgesamt waren wir
etwa drei Stunden dort und als wir in unseren Leihwagen
stiegen, waren wir über die heutigen Funde sehr
glücklich!
Für die
Rückfahrt wollten wir wieder einmal nicht den gleichen
Weg nehmen. Laut Karte gab es eine kleine Straße, die in
einem großen Bogen durch die Berge über Saint Marie du
Zit nach Bou Ficha führt. Die wollten wir suchen. Doch
zuvor, noch vom Orchideenjagdfieber gepackt und ermutigt
von den heutigen Funden, machten wir noch einen Stopp an
einem Hügel nahe der Autobahn bei Grombalia. Dieser
Hügel war ein Ausläufer des Djebel Bou Kourinine. Doch
es fand sich dort nichts... Was wir dann ebenfalls nicht
fanden, war die besagte kleine Straße.
Dafür
fanden wir bei unserer Irrfahrt in den Bergen bei
Creteville das wohl dreckigste Dorf Tunesiens. Es
bestand aus wenigen, armseligen Steinhütten und sah aus,
als sei es inmitten einer Mülldeponie errichtet worden -
rundherum nur Müllberge (in denen auch noch die
verwesenden Überreste von mindestens zwei Hunden zu
sehen waren). Wir waren schockiert - und ich hätte
beinahe überhaupt kein Foto davon gemacht. Deshalb zeigt
das einzige Foto auch nicht das ganze Ausmaß des Drecks,
sondern nur den Rand... Wir sahen zu, dass wir
schleunigst da weg kamen. Bezeichnender Weise war die
Straße eine Sackgasse und wir mussten umdrehen, also
noch einmal hindurch fahren. Ich glaube, nicht nur mich
kribbelte es am ganzen Körper beim Gedanken an das ganze
Ungeziefer, dass sich dort sicherlich millionenfach
herumtrieb...
Schließlich fuhren wir dann doch wieder in Grombalia auf
die Autobahn um nach Sahline zurückzukehren - den Weg
kannten wir schon auswendig. Ach ja, in Grombalia bewies
mir Nina aufs Neue, wie sehr sich im tunesischen
Straßenverkehr und dessen Gepflogenheiten auskannte. Wir
mussten dort vor einer geschlossenen Bahnschranke halt
machen. Der Clou: an diesem Punkt trafen sich gleich
vier Straßen aus verschiedenen Richtungen - und die
Bahn. Während wir viele Minuten auf den Zug warten
mussten, also auf das öffnen der Schranken, entstand
dort ein riesiges Verkehrschaos. Dutzende Autos standen
auf allen Straßen kreuz und quer und es herrschte
wirklich ein einziges Tohuwabohu, dass sich in bei der
Öffnung der Schranken noch nahezu unbeschreiblich
verstärkte. Denn dann wollten irgendwie alle
gleichzeitig über diese Kreuzung. Alles hupte und
schimpfte und kaum etwas ging wirklich voran. Doch Nina
mit ihren eisernen Nerven tat es allen gleich und
zwängte unseren Wagen in jede noch so kleine entstehende
Lücke. Da wir schneller als viele andere vorankamen,
muss sie es sogar besser als die "Einheimischen" gemacht
haben...
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